Eklampsie der Hündin
Bei Züchtern und Tierärzten sind Krämpfe, die in der Geburts- und Nachgeburtsperiode
bei Hündinnen vorkommen können, seit langem bekannt. Die Bezeichnung
dafür ist "EKLAMPSIE" und wurde aus der Humanmedizin entlehnt.
Während bei Menschen Krämpfe auftreten können, die von einer rapiden
Erhöhung des Blutdrucks infolge lokaler Kreislaufstörungen ausgelöst
werden, sind bei der Hündin die Krämpfe eine Folge verminderter Kalziumkonzentration
im Blut. Daher sind die Krämpfe der Hündin besser als "puerperale
Tetanie", das heißt Krämpfe der Geburts- wie Nachgeburtsperiode
oder als "Krämpfe der säugenden Hündin" zu bezeichnen.
Ursachen:
Die Mutterhündin braucht für den Knochenbau der Welpen viel Kalzium.
Auch beim Säugen wird viel Kalzium abgegeben. Wenn nicht genug Kalzium
mit der Nahrung zugeführt wird, sinkt das Kalzium-Depot der Knochen.
Wenn dann dieses Depot den Bedarf nicht mehr decken kann, nimmt die
Kalzium-Konzentration, wie Untersuchungen ergaben, im Blut ab, wodurch
die Eklampsie hervorgerufen wird. Zumindest ist die Anpassungsfähigkeit
bei kleinen Rassen an einen erhöhten Kalzium-Stoffwechsel beschränkt.
Die Größe des Depots der Hündin ist allerdings von der Fütterung abhängig.
Bei überwiegender Fleischfütterung wird ihr nur ein Minimum an Kalzium
zugeführt, das jedoch nicht den erhöhten Anforderungen der Zuchthündin
entspricht. Damit spielt die Fütterung der Hündin, auch schon während
der Trächtigkeit - inbesondere mit den Mineralstoffen Kalzium und Phosphor-,
zur Verhütung der Geburts- und Nachgeburtskrämpfe eine Rolle.
Symptome der Eklampsie:
Zunächst stellt sich eine leichte Unruhe ein, die sich allmählich in
Ruhelosigkeit steigert. An der Hündin treten dann feine "fibrilläre"
Muskelzuckungen in Erscheinung, gefolgt von Taumeln und Nachhandschwäche
( Einbrechen der Hinterhand ). Der Muskelkrampf erfasst allmählich
den ganzen Körper; dieser nimmt gelegentlich eine sägebockartige Stellung
mit zurückgelegtem kopf an. In diesem Stadium kann es zur Verwechslung
mit einer Strychninvergiftung kommen. Durch das Abfallen des Kalzium-Konzentrates
im Blut wird die Empfindlichkeit der Muskelzellen für die Reizung durch
die motorischen Nerven herabgesetzt, und es folgen die unmotivierten
und unkontrollierbaren Kontraktionen der Muskulatur. Dadurch kann die
Hündin nicht mehr stehen und kommt in Seitenlage. Von diesen Krämpfen
sind insbesondere die Zwergrassen wie zum Beispiel Zwergpudel, Zwergteckel
und Zwergschnauzer, aber auch alle kleineren Rassen, bis hinauf zum
Foxterrier betroffen. Die Hündinnen größerer Rassen erkranken seltener
an der "puerperalen Tetanie". Anfällig sind wieder jüngere
Hündinnen bis zum Alter von sechs Jahren, während ältere Hündinnen
seltener erkranken. Bei hohem Fieber besteht ein erhöhter Sauerstoffbedarf
der Gewebe, doch die Atmung wird wegen des Krampfes der Atmungsmuskulatur
behindert.
Dieser Teufelkreis kann schließlich zum Hirnödem und dadurch zum Tod
führen.
Behandlung und Vorbeugung:
Rechtzeitige tierärztliche Behandlung kann jedoch die Krämpfe aufheben
und zwar binnen kurzer Zeit. Diese Krampfzustände können sich auch
nach tierärztlicher Behandlung wiederholen, inbesondere bei den Hündinnen,
die ihre Welpen weitersäugen.
Um Rückfälle zu vermeiden, sollten die Welpen abgesetzt werden, da
man dadurch die Kalkdepots der Hündin schont. An die Stelle der Muttermilch
muss dann die Verabreichung von Fertignahrung oder einer Ersatzmilch
treten, denn die Welpen sind außerordentlich empfindlich für ein Defizit
an Flüssigkeit und Kalorien. Es kann auch versucht werden, nach 24-stündigem
Absetzen der Welpen, sie nur noch um ein oder den anderen Tag saugen
zu lassen und sie zwischendurch mit Muttermilchersatz zu versorgen.
Das gilt vor allem für Welpen, die unter drei Wochen alt sind und noch
der Muttermilch bedürfen. Selbstverständlich ist die säugende Hündin
täglich mit einem Futter zu ernähren, das eine ausgewogene Kalzium-
Versorgung sicherstellt. Es muss auch berücksichtigt werden, das eine
säugende Hündin dreimal so viel Energie benötigt wie eine Hündin gleicher
Rasse und gleichen Gewichts bei normaler Belastung. Zur generellen
Vorbeugung bzw. Verhütung der Krämpfe ist darauf zu achten, dass Menge,
Konzentration und Verhältnis der Mineralstoffe Kalzium und Phosphor
zueinander im Futter der Zuchthündin optimal sind. Dies lässt sich
im Gegensatz zu weit verbreiteten Vorstellungen, weder durch Zusatz
von Gemüse noch durch Verabreichung von Haferflocken zur Fleischration
erreichen. Fleisch enthält auf 1 Teil Kalzium 20 Teile Phosphor. Das
optimale Verhältnis in der Fütterung des Hundes beträgt jedoch 1,2
Teile Kalzium zu 1 Teil Phosphor. Weder Getreide noch Gemüse als Zugabe
zum Fleisch können das Missverhältnis Phosphor zu Kalzium ausgleichen,
denn sie enthalten überwiegend Phosphor und ungenügend Kalzium. Daher
wird auch versucht, den Kalkmangel bei Fleischfütterung durch Zugabe
von Kalktabletten auszugleichen. Dabei kommt es aber auf die Zusammensetzung
derartiger Kalktabletten und auf das Verhältnis dieser Mineralien zum
Kaloriengehalt der Mahlzeit an, denen die Kalkpräparate zugesetzt werden
sollen. Das lässt sich gar nicht so leicht berechnen und aufeinander
abstimmen. Es ist viel einfacher und zuverlässiger, anstelle der selbst
zubereiteten Mahlzeit, auf Fertignahrung zurückzugreifen. Dadurch ist
sichergestellt, das man seinem Hund Mineralstoffe im richtigen Verhältnis
zueinander und in ausreichender Menge mit jeder Ration zuführt. Bei
optimaler mit Mineralstoffen versorgten Hündinnen lehrt die Erfahrung,
das diese Krankheit seltener auftritt.
Ch. Riermann
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